Geschichte der Lesezirkel
Es begannn im bayerischen Kitzingen.
Ein findiger Postmeister legte 1609 den Grundstein für den Lesezirkel.
Die Idee des Lesezirkels ist fast 400 Jahre „jung“. So wanderte schon Anfang des 17. Jahrhunderts der „Dorfknüppel“, eine handgeschriebene Rolle, in der Lüneburger Heide wie eine Stafette von Tür zu Tür. Weitere Vorläufer waren die Lesegesellschaften, in denen sich Interessierte zum Bezug mehrerer Zeitschriften zusammengeschlossen hatten.
Aber auch der erste urkundlich erwähnte gewerbliche Lesezirkel ist zu dieser Zeit, konkret zwischen 1609 und 1611 in Kitzingen (Bayern), entstanden. Bezogen wurden handgeschriebene Zeitungen aus Nürnberg und Frankfurt, später auch aus Wien, Linz, Rom, Venedig, Den Haag und Köln. Kunden waren nach den Aufzeichnungen von 1614 sechs Ratsherren, drei Geistliche, zwei Advokaten, der Stadtvogt, der Stadtschreiber, der Stadtphysikus, der Klosterverwalter und der Kastner. Die Gebühren von 1/2 Thaler pro Abonnent wurden an den Postmeister Pankraz Metzger gezahlt.
Im 17. und 18. Jahrhundert hatten die Postmeister fast überall ein Monopol für den Bezug von Journalen. Die Einnahmen gehörten zu ihrem privaten Einkommen. Interessant ist übrigens das Tempo, mit dem die Leser die Zeitschriften weitergeben mussten: Nur eine Stunde durften sie die Blätter behalten. Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) ging es für die Lesezirkel weiter aufwärts.
Im Laufe des 18. Jahrhunderts nahmen sie ebenso wie die parallel existierenden Lesegesellschaften einen immer stärkeren Aufschwung und trugen maßgeblich zur Verbreitung von Zeitungen und Zeitschriften bei. Der Einzelverkauf oder das Einzelabonnement hatte dagegen noch eine völlig untergeordnete Bedeutung.
Die damaligen Lesezirkel existierten zunächst als Nebenbetriebe von Buchhandlungen oder Leihbibliotheken. In der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts wurden schließlich auch eigenständige Lesezirkel-Betriebe gegründet. Doch die Entwicklung verlief sehr langsam. Noch Ende des 19. Jahrhunderts waren von den damals in Deutschland vorhandenen 1200 Lesezirkeln mindestens 1000 Nebenbetriebe. 1940 lag die Zahl der eigenständigen Betriebe mit 400 erstmals über der Zahl der Nebenbetriebe (384).
1944 wurden die Lesezirkel zwangsweise geschlossen. Aber schon 1945 begann der Wiederaufbau, wenn auch nur im Westen Deutschlands. 1955 war hier der Nachkriegshöchststand mit 800 Betrieben erreicht. Heute beliefern in Deutschland etwa 150 Lesezirkel-Unternehmen ihre Abonnenten und erreichen wöchentlich über 11,8 Mio. Leser.